Data Marketing:
Scout 24 Media: Ein Plattformvermarkter und das lange Spiel
Im Geschäftsfeld von Retail Media tummeln sich nicht nur Händler. Akteure wie Scout 24 Media ergänzen datengetriebenes Marketing um lange Customer-Journeys.
Große Shops und Handelsplattformen sind nicht die Einzigen, die sich im datengetriebenen Marketing tummeln und mit den harten Daten über Kaufverhalten und Kaufabsichten ihrer Kunden punkten wollen. Auch Vermittlungsplattformen sind in diesem Geschäft aktiv – prominentestes Beispiel dürfte Scout 24 Media sein, der hauseigene Vermarkter hinter Immobilienscout 24, Autoscout 24 und Financescout 24. Vice President Marc Hundacker über seinen USP, das Geschäftsfeld und digitale Werbung, die in der Masse nicht wirkt.
Herr Hundacker, wie unterscheiden Sie sich in Ihrer Marktstellung von anderen?
Scout24Media bündelt die Vermarktungsplattformen der führenden Online-Marktplätze ImmobilienScout24 und AutoScout24 sowie FinanceScout24 zu einer großen, reichweitenstarken Vermarktungsplattform. Wir vereinen unter einem Dach zwei der wichtigsten Ereignisse im Leben eines Menschen: das Finden einer Immobilie und den Kauf eines Autos. Die Webseiten von ImmobilienScout24 und AutoScout24 erreichen zahlungskräftige und investitionsbereite Zielgruppen. Unser USP ist, dass wir der größte First Party Provider und auch Publisher für diese in Deutschland sehr wichtigen Segmente sind. Wir besitzen rund 90 Millionen First Party Cookies für die Marktfelder "Immobilien" und "Autos", haben rund 130 Millionen Sessions monatlich und rund 17 Millionen Unique User im Monat. Das sind hervorragende Voraussetzungen, denn gerade im Bereich Retail Media gibt es einige Player, die zwar erhebliche Datenmengen haben, dafür aber nur begrenzt Werbeflächen zur Verfügung stellen können oder starke Einschränkungen haben, wie diese genutzt werden können.
Auf ihren Plattformen geht es nicht um klassische Konsumgüter. Aber aus den Produkten – Wohnungen, Häuser, Autos – lässt sich auch einiges ableiten über die Nutzer.
Ja, denn bei der Planung von Werbekampagnen und Werbeaussteuerung muss berücksichtigt werden, wo sich in der Consumer Journey die Person gerade befindet, die Sie mit Ihrer Werbebotschaft erreichen wollen, und was für diese Person gerade relevant ist. Content und Kontext gehören zusammen. Wir haben viel mit Kunden und Agenturen gearbeitet, damit sie statt umfeldbezogener Displaywerbung mehr in den Kontext einsteigen. Denn entscheidend ist, dass man mit seiner Botschaft zur richtigen Zeit den Adressaten erreicht. Eine passgenaue Information ist der Schlüssel zum Konsumenten. Wenn er Angebote erhält, die gerade jetzt seinen Bedürfnissen entsprechen, empfindet er Werbung als positiv und nutzbringend.
Könnten Sie das konkretisieren?
Nehmen Sie etwa jemanden, der im Münchner Stadtviertel Bogenhausen wohnt und ein Mini Cabrio fährt – und jetzt zieht er nach Solln in eine Doppelhaushälfte und muss refinanzieren. Für den sind ganz andere Themen und Produkte interessant als für den jungen Berufseinsteiger, der wegen des Jobs umzieht. Und der Nutzer, der ein Haus kaufen möchte, wird im Schnitt mit seiner Immobiliensuche ein Jahr brauchen und immer wieder unsere Plattformen nutzen, bis der Immobilienkauf und die Finanzierung abgeschlossen sind. Auch er wiederum hat ganz andere Bedürfnisse als jemand, der gerade seine Ausbildung abgeschlossen hat.
Gemeinsam mit Kunden bauen Sie auch Zielgruppensegmente. Wie gut funktioniert dieses Geschäftsfeld für Sie?
Sehr gut. Im Geschäftsjahr 2016 haben wir bereits 20 Prozent des Werbeerlöses datengetrieben über derartige Segmente erzielt. Zwei Drittel davon sind on-Network, also bei AutoScout24, ImmobilienScout24, FinanceScout24. Das letzte Drittel extern.
Gibt es Bereiche, in denen die Ausspielung der Werbung auf anderen Sites, also die Audience Extension, besonders häufig eingesetzt wird?
Audience Extension hilft uns, die identifizierte Zielgruppe breiter anzusprechen. Gerade bei Branding-Kampagnen ist das wertvoll. Wenn wir den User auf einer anderen Site wieder identifizieren können, können wir dort beispielsweise Videowerbung ausspielen.
Wie sehen Sie generell Ansätze wie den Datenpool Emetriq oder die Zusammenarbeit von Zalando und SevenOne Media?
Ich begrüße jede Allianz, die versucht, Daten sinnvoll für gut gemachte Werbung zur Verfügung zu stellen. Alles, was hilft, Datenlogiken nutzbar zu machen, ohne dass wir Kunden von den großen US-Unternehmen abhängig machen. Auch wir sondieren den Markt nach strategischen Allianzen. Wir stellen uns aber immer die Frage, wie relevant wir und ein Partner für bestimmte Branchen und Gruppen sind und ob dadurch ein Mehrwert für den Kunden entstehen würde.
Sie sprechen von sinnvollen Dateneinsatz bei gut gemachter Werbung. Ist das momentan der Fall? Online-Werbung, gerade Display, steht ja wieder einmal in der Kritik.
Es besteht durchaus die Gefahr, dass Werbekunden durch Themen wie Ad Fraud oder Bot Traffic resignieren und digital nicht weiter denken oder kein Budget ausgeben wollen, weil sie sich nicht wohlfühlen. Ich glaube, dass digitale Werbung, so wie sie heute in Masse stattfindet, nicht wirkt. Sie muss von Anfang an gut durchdacht sein, damit sie wirkt. Danach können Sie sich über Preisoptimierung unterhalten und darüber, welche Technologie noch helfen könnte.
Das heißt, Marken sollten mehr Wert auf Konzept und Wirkung legen?
Die Diskussion, die gerade stattfindet, wie digitale Werbung effizient wirken kann, wird sich in die richtige Richtung entwickeln. Weg von „wer kann eigentlich am billigsten für mich einkaufen“ hin zu Wirkung. Damit verändert sich auch, wo Traffic und Reichweite eingekauft werden. Und wenn dann noch der Aspekt Datenschutz hinzukommt, verändert sich der Markt: Dann ist die bedeutende Rolle der Agentur Planung und Trafficeinkauf, wenn es um Daten geht, versuchen Marken aber vielleicht selbst, zuzukaufen. Den KPIs würde das guttun.
Mehr zu Scout24 Media und den Vermarktungsaktivitäten der großen E-Commerce-Anbieter lesen Sie in der aktuellen W&V in der Retail-Media-Titelgeschichte.