
Prozess:
Google zieht Berufung im Burda-Streit zurück
Überraschende Wende im Rechtsstreit zwischen Burda und Google: Der Internet-Gigant, der gegen das Urteil zum vorläufigen Aus der Kooperation mit dem Gesundheitsministerium Berufung eingelegt hatte, gibt auf.

Foto: Google
Die Freude im badischen Offenburg dürfte groß sein: Dort sitzt Hubert Burda Media, und der Medienkonzern kann nun früher als gedacht seinen aktuellen Rechtsstreit mit Google ad acta legen. Der Internet-Gigant hat nämlich überraschenderweise einen Rückzieher gemacht.
Es geht um die umstrittene Zusammenarbeit zwischen Google und dem Gesundheitsministerium: Bei Google-Suchanfragen zu Krankheiten oder Beschwerden wurde bei den Ergebnissen prominent eine Infobox des Portals gesund.bund.de angezeigt, das vom Gesundheitsministerium unter Ressortchef Jens Spahn (CDU) verantwortet wird.
Medienhäuser befürchten dadurch Nachteile, weil sie im Internet ebenfalls Gesundheitsportale anbieten. Hubert Burda Media hatte im Februar über seine Tochterfirma, das Gesundheitsportal netdoktor.de, vor dem Landgericht München geklagt - und gewonnen. Das Gericht wertete die Kooperation als Kartellverstoß, die Vereinbarung schränke den Wettbewerb ein.
Zeichen des Respekts vor der Pressefreiheit
Google entfernte daraufhin die Infobox, legte aber gleichzeitig Berufung gegen das Urteil ein. Heute wurde jedoch bekannt, dass der US-Konzern in diesem Rechtsstreit nun doch aufgibt. "Wir können bestätigen, dass wir die Berufung zurückgezogen haben", teilte Google-Unternehmenssprecher Kay Oberbeck gegenüber W&V mit. "Da von Seiten des Bundesministeriums für Gesundheit keine Berufung gegen die gegen den Bund erlassene einstweilige Verfügung eingereicht wurde, können Inhalte des Gesundheitsportals gesund.bund.de somit dauerhaft nicht mehr in die Health Condition Knowledge Panels eingebunden werden. Damit erübrigt sich ein Vorgehen von unserer Seite."
Oberbeck betonte, dass Google bereits zum Zeitpunkt der Berufung Mitte März offen gelassen hatte, ob weitere Schritte eingeleitet werden. "Wir befinden uns noch in der Prüfung, ob und welche rechtlichen Maßnahmen im Zuge des Verfügungsverfahrens ergreifen wollen. Aus diesem Grund haben wir vorsorglich Schritte eingeleitet, die uns einen größeren zeitlichen Spielraum für eine solche Entscheidung geben."
Zum Rückzug von Google heißt es von Burda: "Das Landgericht München hat ein Zeichen gesetzt für die unabhängige Presse, und es hat den Monopolen klare Grenzen aufgezeigt", sagt Philipp Welte, Vorstand bei Hubert Burda Media. Dass Google das Urteil akzeptiere, "werten wir als ein Zeichen des Respekts vor der Freiheit der Medien als einem Grundwert unserer demokratischen Gesellschaft."
Weitere Verfahren anhängig
Neben diesem Rechtsstreit beschäftigten sich auch andere Stellen mit dem Gesundheitsportal. Der Wort & Bild Verlag aus Baierbrunn stellte bei einem Berliner Gericht einen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen den Bund. Ein Gerichtssprecher teilte auf Nachfrage mit, dass es noch keinen Termin in diesem Verfahren gebe. Zum Portfolio des Wort & Bild Verlags zählt zum Beispiel die Marke «Apotheken Umschau».
Auch die deutschen Medienregulierer prüfen das Portal derzeit. Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein stieß im Dezember das interne Verfahren an. Es wird geprüft, ob durch die prominente Darstellung des Gesundheitsportals andere journalistisch-redaktionelle Angebote aus dem Themenbereich Gesundheit diskriminiert werden.
(dpa/avf)