
Marken und #BLM:
Aimaq contra Kleiß: Neutral sein funktioniert nicht
W&V-Kolumnist Mike Kleiß findet: "Mister Ben's" hätte als Markenbotschafter bleiben sollen. Der Werber André Aimaq sieht das anders. Solche Debatten, sagt er, sollte man denen überlassen, die sie betreffen.

Foto: André Aimaq
Auch ich bin mit dem Gesicht von Onkel Ben auf der Reispackung groß geworden; es ist mir vertraut. Andere Assoziationen als Reis hatte ich nie. Aber um mich geht es nicht. Bei Rassismus geht es um diejenigen, die betroffen sind.
Die Aufgabe von uns anderen ist es, dann inne zu halten, zuzuhören, zu verstehen und zu lernen. Ich habe gelernt. Uncle Ben's wird eben nicht nur in Hanau oder Husum vertrieben, sondern auch in den USA. Die Marke weckt dort bei Afroamerikanern böse Erinnerungen an ihren langen Kampf um Gleichberechtigung.
Es geht nicht um dich ...
Denn Uncle Ben's sieht wie ein stereotypischer schwarzer Dienstbote aus und die Bezeichnung 'Uncle' war zu Zeiten der Sklaverei die herablassende Alternative zum respektvollen 'Mister' oder 'Sir'. Das Bild vom glücklichen, in seiner Rolle aufgehenden Haussklaven ist ein widerwärtiges rassistisches Südstaaten-Sterotyp aus finsterer Zeit. Ein Mensch kann nicht wie ein geliebter Verwandter zur Familie gehören, wenn er gleichzeitig im engeren Wortsinn der Familie gehört.
Wenn Mike Kleiss darauf verweist, dass Malcolm X Reverend King auch "Uncle" genannt hat, dann hinkt der Vergleich. Weil manche Schwarze sich im Slang mit "N*****" anreden, heißt das nicht, dass man selbst es auch darf.
... sondern um die anderen
Versuche, die Figur weiter zu entwickeln, gab es vor einigen Jahren schon in den USA. Da war Uncle Ben dann Chairman der Company. Das wurde als genauso unangemessen empfunden, denn warum wird ausgerechnet ein Schwarzer als Chairman mit Vornamen und "Uncle" inszeniert?
Ich gratuliere Mars zu ihrer längst überfälligen Entscheidung, sich von Uncle Ben's verabschieden. Es reicht beim Thema Rassismus eben nicht aus, neutral zu sein. Man muss aktiv dagegen sein. Auch und gerade als Marke.
Der Gastautor:
André Aimaq war über 20 Jahre CCO und geschäftsführender Gesellschafter seiner eigenen Agentur, Aimaq Rapp Stolle, dann Aimaq von Lobenstein, in Berlin. 2017 ging die Firma in der Serviceplan-Gruppe auf. Ende 2018 stieg der Texter aus; seitdem arbeitet er als freier CD. Bevor sich Aimaq 1998 selbstständig machte, war er für Agenturen wie Springer & Jacoby, Baader Lang Behnken und Ogilvy tätig.